Folge 1 verpasst? Hier ist sie!


 

Es war ein Sonnentag wie aus dem Bilderbuch. Unsere Samtpfoten-Gäste spielten Leckerlis-Fangen, die Mäuse quietschten in einer schattigen Ecke im Efeu und kauten mit vollen Backen Käse, Pferd Bubi zupfte unter dem alten Apfelbaum Gras mit würzigen Wildblumen.

Irgendwo, gut 100 km entfernt, setzte sich ein Wohnmobil in Bewegung. Am Steuer saß eine große, hagere Frau um die 40 mit dunklem, zum Pferdeschwanz zusammengebundenen Haar und einem früh gealterten Gesicht. Nervös zog sie an ihrer Zigarette. Neben ihr hockte ein hübscher und sehr zarter Junge, vielleicht grade mal zehn Jahre alt, der brüllte und schrie und weinte, bis die Frau entschlossen auf einen Parkplatz abbog, in ihrer Handtasche kramte und ihm dann eine Spritze in den Arm stach, zwischen zahlreiche andere Einstichspuren hinein. Es dauerte nur kurz, da jammerte er bloß noch leise vor sich hin und starrte mit hohlen Augen auf die vorüberziehenden Bäume der Schwarzwald-Landschaft.

Wir feierten und wussten nichts von alledem.

Der Trupp, der als nächstes um die Hausecke kam, war voll gut drauf und wohl schon ein bisschen von Katzenmilch angesäuselt. „Hi, Coco“, schrie meine ehemalige Schülerin Paulinchen, zwischen deren Ohren ein vorwitziges Hütchen schwankte, „wo gibt’s was zu schlabbern? Alle Coconians haben die Nacht durchgefeiert, und feiern macht hungrig.“

„Du bist schon wieder so richtig vorlaut!“, tadelte eine Katzendame, die genauso aussah wie Paulinchen, aber zurückhaltender auftrat. Dabei schaute sie ihre kecke Tochter voller Stolz an.

Bubu, Neelix und seine Schwester Calimero, Lucky aus Luxor, Dreibeinchen Ronja sowie Johnny und Finny folgten den beiden. Johnny und Finny zogen ein Gefährt, in dem eine ganze Gruppe von Mäusen saß, von weiß über grau bis hin zu rosarot. Kaum hatten sie gestoppt, sprangen die Mäuschen heraus und führten, zum Gesang der beiden Kater, einen Begrüßungs-Cancan auf.

Im nächsten Moment hielt ein Auto vor dem Haus, und ein schwarzer Kater mit weißem Brustfleck und weißen Socken eilte auf uns zu. Kurz vor dem Mäuseballett stoppte er abrupt und miaute begeistert: „Was für eine wunderbare Idee! So etwas kann nur Coco einfallen! Ein tanzender Begrüßungssnack!“ Er hatte schon eine in der Pfote, eine weiße, da eilte sein Frauchen hinzu, mit einer Tube Leberwurstpaste ausgestattet. „Halt, Socke!“, rief sie. „Dein Begrüßungssnack ist hier!“

Unser Frauchen sauste aus der Tür, umarmte ihre Autoren-Kollegin Heike, gab ihr Bussi rechts und links, versorgte die Ballett-Mäuse mit Halsbändern, auf denen in Kätzisch und Menschisch „Wir sind Freunde und kein Futter“ stand – weil ja Camrons Mäuse schon welche benötigt hatten, musste sie einige in der Mitte teilen -, und dann holte sie Kaffee und zwei Tassen und setzte sich mit Heike auf die Gartenschaukel. Da kicherten sie den ganzen Nachmittag und hatten sich tausend Geschichten zu erzählen. Soviel zum Thema, dass man als Katze vom Frauchen immer ganz toll verwöhnt wird.

Lasch, Brandy und Bounty kamen zusammen mit Luzie, Gina, Pia, Sally, Findus und Leo an, die sich als die bekannte Räuberbande vorstellten und uns mitteilten, wie sie den amerikanischen Präsidenten absetzen und die Weltherrschaft übernehmen würden – G7 wäre in Zukunft völlig unnötig.

Milli, Lucy und Aimée kullerten hinter dem Tänzer Wallee und dem Sänger Charly her. Und hoch über ihnen flogen die sechs Kanarienvögel Charlie, Luna, Hope, Belle, Wuschel und Flow.

Goldie, die die Gästeliste führte, verkündete, jetzt seien wir vollzählig und eröffnete das Büffet.

 

Das Wohnmobil mit der Frau und dem in seiner Ecke zusammengesunkenen Jungen fuhr jetzt am See entlang, an der Birnau vorbei, zwischen Autos voller fröhlicher Urlauber und Tagesgäste, und bog am Saba-Knoten Richtung Markdorf ab. Als es an unserem Haus vorbeikam, da brachte Wallee uns grade Katzen-Boogie Woogie bei, und keiner achtete darauf.


 

Zu Folge 3