Wer von Euch den Anfang verpasst hat: Hier sind Folge 1, Folge 2 und Folge 3.


Unsere Besprechung dauerte nur kurz. Keine Minute später galoppierte Bubi, mit mindestens zehn Katzen auf Rücken und Mähne, Richtung Tatort. Die Vögel flogen aufgeregt zwitschernd hinter ihm her, die übrigen Katzen folgten, Speedy, der Hund, machte seinem Namen alle Ehre.

Nur der Siam-Mix Luca, unser Azubi, verkroch sich jaulend im Gebüsch. Er hatte Schlimmes erlebt, damals in Spanien. Er hatte die Perrera, die Tötungsstation erlebt, nach diesen hilflosen Tagen, ohne Futter, ohne Wasser, zusammengepfercht mit seiner Mama und den Geschwistern und mit fünfunddreißig weiteren Katzen in einem winzigen Raum. Er hatte erlebt, wie Polizisten auf ihn eingeknüppelt hatten, er hatte erlebt, wie ein Mitarbeiter der Perrera seine Mama zwischen die Galgos geworfen hatte, wie sie in einem einzigen Moment zerfleischt worden war, er hatte erlebt, mit welcher Gier ältere Katzen ihn und die anderen Babys von dem wenigen Futter in der Perrera weggedrängt hatten; zitternd war er vor Hunden und Katzenmördern auf die wacklige Absperrung geflüchtet, die die Zelle von der Nachbarzelle trennte. Das saß in all seinen Poren, immer noch, und wenn’s bedrohlich wurde, dann brach all das wieder über ihn herein.

Ich sah noch, dass Goldie sich zu ihm legte und ihn zwischen den Ohren schleckte, dann trug der Hengst mich davon.

Direkt neben dem Jungen hielt er an. Von seinem Rücken herab miauten wir: „Hab keine Angst! Wir helfen dir!“ Eine Sekunde verstummte der Junge, der Mann mit dem Knüppel und die keifende Frau holten auf. „Keine Angst, wir helfen dir“, miauten wir, wieherte das Pferd – da schrie der Junge lauter als vorher, und was er schrie, das konnten wir nicht verstehen, das ging in unsere Köpfe nicht hinein, er schrie: „Mamaaaaa! Mama! Hol mich weg von diesen Tieren! Mamaaaa! Hilf mir, hilf mir doch! Hol mich doch weg von diesen Tieren!!!“

Keuchend erreichte die Frau den Jungen, und sie nahm ihn in den Arm und murmelte beruhigend: „Ist gut, Kevin, ganz ruhig, Kevin, der Onkel Jochen wird die Tiere alle erschlagen, aber dann, Kevin, musst du auch tun, was der Onkel Jochen will, hörst du, du musst ganz besonders lieb sein zum Onkel Jochen, hörst du, hast du mich verstanden?“

„Der Mann hat eine Waffe!“, schrillte in diesem Moment Paulinchen.
„Wo?“
„Schau doch, am Auto!“

Tatsächlich hatte sich der Mann wohl etwas aus dem Handschuhfach geholt, das jetzt in der Sonne blitzte. Er richtete sich gerade auf und hantierte damit, da gab ich das Signal zum Rückzug.

Erst als alle drei im Wohnmobil verschwunden waren, wagten wir uns aus unseren Verstecken im Wald wieder heraus und zogen traurig nach Hause.

Wir setzten uns alle auf die Wiese, das Frauchen und Heike kamen dazu.
Es dauerte eine Weile, bis wir es merkten: Rosita fehlte.